Hilfe bei der Entwöhnung vom Beatmungsgerät
Waren Patienten lange Zeit einer künstlichen Beatmung ausgesetzt, ist eine Entwöhnung (englisch „Weaning“) oft schwierig. Um hier Hilfe zu leisten und Betroffenen wieder das selbstständige Atmen zu ermöglichen, hat das Kreisklinikum Siegen nun sein medizinisches Spektrum erweitert und ein interdisziplinäres Weaningzentrum mit sechs Betten eröffnet. Qualifizierte Fachkräfte verschiedenster Berufsgruppen arbeiten hier Hand in Hand zusammen, um den Patienten wieder zu einer verbesserten Lebensqualität zu verhelfen.
„Da in unserer Region bisher noch keine Weaningstation vorhanden war, freue ich mich sehr, dass das Kreisklinikum Siegen nun mit diesem wichtigen Angebot eine Versorgungslücke schließt“, erklärt Landrat Andreas Müller, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung des Kreisklinikums Siegen. Die Zahl an langzeitbeatmeten Patienten, beispielsweise nach komplexen Operationen steige aufgrund großer Fortschritte in der Beatmungsmedizin stetig an und entsprechend gewinne auch die Entwöhnung von der mechanischen Beatmung zukünftig weiter an Bedeutung, so Müller. Man sei daher sehr froh, nun wohnortnah ein entsprechendes spezialisiertes Zentrum zu haben.
Auch Prof. Dr. Martin Zoremba, Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Notfallmedizin und Dr. Jörg Hinrichs, Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin, freuen sich, nun gemeinsam mit einem hochprofessionellen Team aus Ärzten, Intensivpflegekräften, speziell ausgebildeten Weaningpflegekräften, Sozialdienstmitarbeitern, Logopäden sowie Therapeuten ihren Patienten zurück ins Leben verhelfen zu können. „In etwa zwei Drittel aller Fälle ist eine Entwöhnung von der maschinellen Beatmung möglich und wird durch eine stufenweise Reduzierung der Zeit am Beatmungsgerät erreicht“, erklären die beiden Chefärzte. Die Dauer des Prozesses liege hierbei in der Regel zwischen 40 und 50 Prozent der Gesamtbeatmungszeit. „Das Ziel ist im Optimalfall eine vollständige Entwöhnung“, ergänzt Oberärztin Dr. Anja Frevel, Medizinische Leitung des Weaningzentrums und Leiterin der Interdisziplinären Intensivstation.
Damit noch mehr Patienten von der Behandlung profitieren können, werden für Dialysepatienten einige der Weaningplätze zudem mit einem Dialyseanschluss versehen. Die Behandlung kann außerdem weitere Maßnahmen, wie eine sogenannte Trachealkanüle oder Inhalationen beinhalten, die das Atmen erleichtern und auch die Wiedergewinnung der Mobilität ist ein wichtiger Baustein im Weaningprozess. Im Rahmen der Entwöhnung stehen den Patienten Atem-, Ergo- und Physiotherapeuten sowie Logopäden zur Seite und entwickeln gemeinsam eine individuelle therapeutische Behandlung. Da hinter den Patienten und deren Angehörigen oftmals bereits ein langer, anstrengender Weg liegt und es bei Betroffenen nicht selten zu Ängsten und depressiven Symptomen kommt, ist zudem eine entsprechende psychologische Betreuung im Behandlungsprozess des Weanings sichergestellt.
Im Anschluss an eine erfolgreich Entwöhnung vom Beatmungsgerät wird der Patient durch den Sozialdienst des Kreisklinikums und in Absprache mit allen am Behandlungsprozess Beteiligten, in eine Frührehamaßnahme übergeleitet. „Somit sorgen wir frühestmöglich dafür, dass das Potenzial zur Wiedererlangung der Selbstständigkeit und die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit sichergestellt werden kann“, erklärt Sonja Bieniarz, Leiterin Entlassmanagement. Trotz aller Bemühungen gibt es dennoch Patienten, deren Atmungsfunktion nicht vollständig wiederhergestellt werden kann. In diesem Fall kümmert sich der Sozialdienstes, je nach klinischem Verlauf ebenso, um eine Übergabe in eine Intensiv-WG bzw. in eine spezialisierte Langzeit-Pflegeeinrichtung oder es wird eine gute Versorgung im häuslichen Umfeld organisiert. Damit steht das gesamte interdisziplinäre Team den Patienten und Angehörigen in jeder Situation unterstützend zur Seite.